VirtualReality: Das können die neuen Super-Brillen

Nicht mehr nur Oculus Rift steht für Virtual Reality und es ist nicht nur etwas für Nerds. Mit neuen Apps zeigt diese Technik ihr Potenzial. Der Einstieg kostet nur fünf Euro.

Wie viele Erfolgsgeschichten beginnt auch diese in einer Garage. Der Ort, an dem Weltunternehmen wie Hewlett-Packard oder Apple ihren Ursprung haben. Der Amerikaner Palmer Luckey begann im Alter von 18 Jahren, das ist kaum vier Jahre her, zu werkeln, weil er mit den Head-mounted Displays, die auf dem Markt waren, unzufrieden war. Nachdem er ein paar Prototypen entworfen hatte, stellte er im Herbst 2012 auf Kickstarter, einer Crowdfunding-Plattform, sein Projekt Oculus Rift ein und sammelte 2,4 Millionen Dollar. Schon im Frühjahr 2013 waren die ersten DK Versionen (Developer Kits fertig, für die sich vor allem Spieleentwickler interessierten.) Ein Jahr später übernahm Facebook das Unternehmen für zwei Milliarden Dollar. So hatte die VR (Virtual Reality zum ersten Mal ihr Potenzial gezeigt).

Was ist Virtual Reality genau?

Auf Wikipedia lesen wir, dass VR die Darstellung und gleichzeitige Wahrnehmung der Wirklichkeit mit ihren physikalischen Eigenschaften in einer computergenerierten, interaktiven, virtuellen Umgebung in Echtzeit ist. Kurz: Es ist das Eintauchen in die virtuelle Welt, in der man sich wie in der echten bewegen kann.

Das wird durch besondere Brillen möglich, die je nach Blickrichtung, Kopfbewegung und Position auf ihrem Display interaktive Bilder darstellen. Dadurch hat der User das Gefühl, dass er sich tatsächlich in der virtuellen Realität aufhält. Weil diese Head-mounted Displays durch ihre geschlossene Form die Umgebung völlig ausblenden, füllen die virtuellen Bilder fast das ganze Blickfeld aus. Der Eindruck wird durch die Interaktivität zusätzlich verstärkt.

Smartphone versus Virtual Reality Brillen

Anfangs standen Head-mounted Displays lange für ein sperriges Design und lästige Kabel, die sie mit einem leistungsstarken Rechner verbanden. Eine realistische Darstellung braucht sowohl Hard- als auch Software. Es müssen für die Echtzeitdarstellung mindestens 25 Bilder pro Sekunde neu berechnet werden. Denn das System muss spontan auf jede Bewegung des Users reagieren. Das braucht eine große Kapazität.

Es gibt aber auch eine Alternative. Seit Mitte 2014 treibt Google die Entwicklung von besonderen Halterungen voran, in die man sein Smartphone einschiebt. Dieses sogenannte Cardboard ist ein Papphalter, der zwei bikonvexe Plastiklinsen enthält. Durch diese sieht man auf das Display. So kann man das Potenzial leistungsstarker Smartphones für die Virtual Reality nutzen.

Virtual Reality für 5 Euro

Sie können sich das Prinzip mit der Cardboard-Demo-App klar machen. Die für Cardboard erstellten Apps und Spiele erzeugen links und rechts ein etwas unterschiedliches Bild. Die Linsen in der Brille sorgen dafür, dass jedes Auge nur eines dieser stereoskopischen Bilder sieht. Dadurch entsteht die Illusion eines dreidimensionalen Raumes. Die Sensoren im Smartphone helfen, die Blickrichtung und die Kopfhaltung bzw. -Bewegung auszuwerten. Damit wird festgelegt, was der Träger sieht.

Im Grunde können Sie jedes Android-Gerät mit einem Cardboard verwenden, solange es eine ausreichend starke CPU und alle nötigen Sensoren samt Gyroskop hat. Ursprünglich war das Cardboard für das Nexus 5 von Google entworfen. Aber auch das Nexus 4 funktioniert damit einwandfrei.

Es kann allerdings vorkommen, dass der integrierte Magnetschalter nicht funktioniert. Denn wenn die Sensoren an einer anderen Stelle verbaut sind, können sie nicht darauf reagieren. Dann kann man für das Handymodell im Internet nach dem VR-Magnet-Problem suchen und ihn an die richtige Stelle setzen.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, an Cardboard zu kommen. Da man es einfach nachbauen darf, kann man das Cardboard-Design von Google ausschneiden und sich passende Linsen besorgen. Einfacher ist, ein Komplettset online zu bestellen, zum Beispiel bei eBay, wo die günstigsten Varianten aus gestanztem Karton, Linsen und Magnetschalter für drei Euro aus China zu bekommen sind. Eine längere Lieferzeit muss dabei unter Umständen in Kauf genommen werden. Deutsche Händler verlangen sieben Euro. Wenn der Tragekomfort etwas höher sein soll, mit Polsterung und Gummiband wie bei einer Skibrille, dann wird es geringfügig teurer. Die VR-Brille von Pearl für 8,90 Euro ist zum Beispiel nach drei Minuten montiert und funktioniert gut.

Mittlerweile hat Google auch das Programm "Works with Google Cardboard". Diese Brillen sind mit einem QR-Code ausgestattet, aus dem die Apps wichtige Informationen wie zum Beispiel den Linsenabstand beziehen.

Etwas hochwertiger sind Kunststoffbrillen, die mit Schaumstoff gepolstert sind. Solche Modelle gehen ab 20 Euro los. Auch die Durovis Dive 5 für rund 60 Euro gehört in diese Kategorie. Weil sie halb offen konstruiert ist, muss sie aber in abgedunkelten Räumen verwendet werden. Die One VR von Zeiss kostet 129 Euro. Sie hat große Linsen und deshalb ein großes Gesichtsfeld. Es laufen alle VR-Apps aus dem Playstore. Leider gibt es nur Halterungen für das Samsung Galaxy S5 und das iPhone 6. Es können zwar auch andere 5-Zoll-Handys verwendet werden, die müssen aber mit Papiertaschentüchern etwas aufgepolstert werden. Außerdem hat das Modell keinen Magnetschalter, was eine echte Schwierigkeit ist, da in dem geschlossenen Gehäuse keine Touchbedienung möglich ist.

Ein Erlebnis - Samsung Gear VR mit extra Sensoren

Die Gear VR von Samsung geht einen etwas anderen Weg. Anders als die Kunststoff- oder Pappmodelle hat sie auch vier eigene Sensoren, die vom Smartphone unabhängig sind. Rechts ist an der Gear VR ein Touchpad integriert. Es gibt außerdem einen Zurückbutton und einen Lautstärkeregler. Besonders komfortabel für Brillenträger ist die Dioptrienkorrektur. Leider funktioniert diese Brille nur mit zwei ziemlich teuren Samsung-Smartphones - dem Galaxy Note 4 und dem S6. Das liegt an dem modifizierten Micro-USB-Stecker, der nur zu diesen Geräten passt.

Die passende VR-Software lässt sich auf dem Smartphone ohne Probleme installieren und einrichten. Die Stores für die passenden Apps sind allerdings ein wenig unübersichtlich. Bisher gibt es rund 70 VR-Apps, die meistens kostenlos sind. Die Apps aus dem Cardboard-Projekt laufen hier nicht.

Das VR-Erlebnis der verschiedenen Spiele und Apps ist durchaus beeindruckend. Man vergisst wegen der visuellen Abschottung und der guten Performance recht schnell die Außenwelt. Interessant ist auch die Steuerung. Man fixiert mit den Augen eine App und bestätigt sie am Touchpad. Daraufhin wird sie geladen. Die Displayauflösung ist mit 2.560x1.440 Pixeln sehr hoch. Weil aber das Positionstracking fehlt, kann man trotz 360-Grad-Fotos nicht in dem virtuellen Raum laufen.

Oculus Rift DK 2 - mit Kabel und Computer

Die neue Entwicklerversion (Development Kit) der Oculus Rift kostet inklusive Versand und Zoll etwa 350 Euro. Die Consumer-Version soll ab 2016 in den normalen Verkauf kommen.

Zunächst muss Oculus Runtime auf dem PC installiert werden. Dann kann dieser mit der Brille verkabelt werden. Das SDK enthält eine schöne Demo mit einem Haus in der Toskana. Damit werden für das Positionstracking die Infrarotkamera und die Oculus Rift und nach dem Anschließen auch alle Kabel automatisch erkannt. Man kann spezifische Userangaben wie Körpergröße in der Oculus Configuration Utility erstellen und dann eine Demoszene starten.

Die Anforderungen an den Rechner sind nicht hoch. Die CPU braucht 2,5 GHz, dann braucht er vier GByte RAM und eine OpenGL3- oder DirectX10-kompatible Grafikkarte. Trotzdem sind die Leistungsgrenzen schnell erreicht. Bei schwächeren Notebooks flattern die Bilder bei schnellen Kopfbewegungen. Mit einem Core i5 (3337U) sind sie dagegen schön flüssiger. Ein Erlebnis ist, wie über die Infrarot-LEDs die Position und Haltung des Kopfes erfasst werden. Größen und Betrachtungswinkel der Dinge passen sich automatisch an.

Gegenüber dem Vorgängermodell bringt die Oculus VR einige entscheidende Fortschritte. Größere Linsen, eine höhere Auflösung und Kontraste und Farben erzeugen ein wesentlich besseres Mittendringefühl. Dadurch kommt auch weniger Übelkeit auf. Insgesamt könnte die Auflösung noch verbessert und das Gewicht von fast 500 Gramm verringert werden. Die DK 2 hat gegenüber der Samsung Gear den Vorteil des Positionstrackings. Dafür stören die Kabel und die Auflösung ist schlechter. Bis zur Consumer-Variante kann also noch einiges verbessert werden. Aber auch Samsung bringt bald die verbesserte Version Gear VR Innovator Edition for S6 heraus.

VR ausprobieren lohnt sich!

Auf die Oculus Rift wartet man noch bis 2016, die Samsung Brille ist dagegen eine teure Geschichte, wenn man nicht bereits das passende Smartphone besitzt. Aber wer VR einmal ausprobieren möchte, kann die Erfahrung mit dem Cardboard-Gestellen machen. Die Investition von ein paar Euros lohnt sich allemal.

Es macht trotz der eingeschränkten Auflösung Spaß, den virtuellen Raum in einer Achterbahnfahrt oder in einem dreidimensionalen Zimmer zu erleben.

Die Zukunft lässt hier noch viel erwarten. Die Oculus Rift gibt es seit knapp zwei Jahren, die Cardboard kaum ein Jahr. Natürlich ziehen bereits andere Hersteller nach. Spannend wird die HTC Vive, die mit einem Laserpositionsmesser die Position in einem 25 m² großen Raum ermitteln kann. So kann man nicht nur rund um sich blicken, sonder sich auch richtig in dem virtuellen Raum bewegen. Lassen Sie sich in die virtuelle Welt entführen.


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